Fotoschulen im Interview: Fotoausbildung im Lette Verein in Berlin
BF: Herr Schumacher, Sie sind seit 2008 am Lette Verein. Haben Sie viel am Konzept der Ausbildung und an der Ausbildungsstruktur verändert, seit Sie da sind?
Frank Schumacher: Es war ein schleichender Prozess, weil man die herrschenden Strukturen natürlich nicht von heute auf morgen durcheinanderbringen konnte. Schließlich arbeitet man mit Menschen, die schon lange an die herkömmliche Struktur gewöhnt sind. Man muss die Leute mitnehmen und für neue Ideen gewinnen. Wir sind eine sehr alte Institution. Wenn man sich nur mal überlegt, dass wir dieses Jahr 125-jähriges Jubiläum haben ...
Schon vor meiner Zeit hier wurde die zweijährige Ausbildung auf drei Jahre erweitert mit dem Ziel mehr eigenständiges Arbeiten zu fördern nach der Vermittlung der handwerklichen Grundlagen. Ich habe dann die Unterrichtsstruktur verändert und neue Fächer eingeführt, um dieses Ziel zu unterstützen. Zum Beispiel das Theoriefach “Visuelle Kultur”.
Außerdem habe ich den Filmbereich aufgebaut und auch CGI. Im zweiten Ausbildungsjahr können die Schüler zwischen diesen beiden Bereichen wählen. Das Fach Sozial- und Wirtschaftskunde wurde zudem reformiert, sodass es berufsnah vermittelt, was die Studenten später brauchen. Angefangen bei der KSK, der Einkommensteuererklärung, Fragen wie, “Wie mache ich mich selbstständig?”, oder auch, was man alles beachten muss, wenn man angestellt ist. Ich glaube damit sind unsere Studenten auch nach dem Abgang ganz gut aufgestellt und können direkt starten. Das ist ganz anders als damals, in meinem eigenen Studium, wo man sich danach diese ganzen Dinge erstmal selber erarbeiten musste.
BF: Was war der Auslöser für die Verlängerung von zwei auf drei Jahre Ausbildung?
Frank Schumacher: Der Wunsch nach Unabhängigkeit von der Handwerkskammer. Da wurden früher nämlich noch die Prüfungen nach den 2 Jahren abgenommen. Früher war es hier eine eher technische Ausbildung. Mit dem Jahr mehr wollte man den Aspekt der Bildgestaltung nach vorne bringen. Die Studenten sollten länger Zeit haben für andere Inhalte in der Ausbildung neben der technischen Seite. Die sechs Semester, die wir jetzt haben, sind eigentlich vergleichbar mit dem Bachelorstudium an der FH. Auch was die Inhalte angeht und das Verhältnis von Theorie zu Praxis, wobei wir aber noch praxisorientierter sind als ein Studium.
BF: Was können Sie über Ihre Bewerber sagen? In welchem Alter sind sie ungefähr, wo kommen sie her und wie viele bekommen einen Platz?
Frank Schumacher: Wir haben 200 Bewerber, es sind weniger geworden in letzter Zeit. Das habe ich auch von anderen Hochschulkollegen gehört. Die meisten bei uns sind Abiturienten, obwohl man bei uns auch mit mittlerem Schulabschluss anfangen kann. Der Altersdurchschnitt liegt bei ca. 18-25, manchmal auch Ende 20. Und die Interessenten kommen aus dem gesamten Bundesgebiet, aber auch aus Japan, Skandinavien und Südeuropa. 30 neue Studenten werden pro Jahr zum Wintersemester angenommen.
BF: Dass der Lette Verein deutschlandweit einen Ruf hat, ist ja bekannt, aber reicht er sogar bis nach Japan?
Frank Schumacher: Ja. Wir haben ab und zu Japaner, irgendeine Verbindung scheint es da also zu geben. BF: Was müssen die Studieninteressierten leisten, um aufgenommen zu werden? Frank Schumacher: Sie müssen eine gute Mappe abgeben mit 20-30 Bildern aus freien Arbeiten, möglichst 2-4 Serien. Dazu noch die von uns gestellte Hausaufgabe von 2 fotografischen Themen. An zwei Tagen ist dann im Kollegium Mappensichtung, wo wir entscheiden, wen wir zum Gespräch einladen. Die Hauptsache ist das persönliche Gespräch. Wir wollen sehen, woher die Leute kommen, welche Bezüge sie zur Fotografie haben, welche Visionen und warum sie Fotograf oder Fotografin werden wollen.
BF: Arbeiten die Studenten,um sich das Studium zu finanzieren?
Frank Schumacher: Ja. Wir raten aber immer, dass sie versuchen sollten das im ersten Jahr zu vermeiden, weil sie dann viel Zeit hier verbringen und auch außerhalb der Schule mit ihren fotografischen Arbeiten. Es ist aber unumgänglich, selbst wenn Berlin von den Bedingungen der Lebenshaltungskosten noch human ist. Klar, im 2., 3. Semester kann schon im fotografischen Umfeld als Assistenz gearbeitet werden. Das finde ich unterstützenswert, wenn sie über das, was sie machen einen Praxisbezug kriegen.
BF: Wie kann ich mir das Lernen am Lette Verein vorstellen? Ist es Vollzeit wie an einer normalen Schule?
Frank Schumacher: Das erste und zweite Jahr eher schon. Da beginnen wir mit einer analogen Heranführung an die Fotografie und das ist recht komplex. Es ist spannend, weil die meisten Schüler bereits mit dem Digitalen aufgewachsen sind. Für die ist es eine völlig neue Erfahrung mit einer Großformatkamera zu arbeiten, Filme zu entwickeln und die entwickelten Filme im Labor auf Papier abzuziehen.
BF: Bei allen Neuerungen in der Ausbildung wollten Sie die Analogfotografie im Unterrichtsprogramm nicht abschaffen?
Frank Schumacher: Nein, solange es analoges Material gibt, möchte ich es beibehalten. Denn die Erfahrung zeigt, dass der Umgang im Erlernen des Sehens ganz anders ist durch die Langsamkeit, die durch den Analogprozess erzeugt wird.
BF: Das habe ich schon von verschiedenen Vertretern der Fotoschulen gehört. Wie sieht es mit dem Unterricht denn im dritten Jahr aus?
Frank Schumacher: Nach dem ersten Jahr ist es schon in dem Sinne aufgelockerter, dass es zwar immer noch viele Aufgaben in den fotografischen Sujets gibt, aber von der Zeiteinteilung her wird es für die Schüler variabler. Wann sie sich mit welchen Aufgaben beschäftigen, bleibt ihnen überlassen. Im dritten Jahr sind sie nur noch an zwei Theorietagen fest hier. Dann werden auch ihre fotografischen Arbeiten besprochen. Wir fügen auch Projektwochen ein, wo kein Unterricht stattfindet, sodass sie sich auf die Reise begeben können, um ein Projekt zu fotografieren.
BF: Wie ist im Lette Verein die praktische Auseinandersetzung mit Fotografie gestaltet?
Frank Schumacher: Es gibt zu jedem fotografischen Sujet, sei es Objekt-bzw. Sachfotografie, Portrait- oder Peoplefotografie, Mode oder Architektur in jedem Semester das sogenannte “Pensum”. Da werden von den Semesterleitern Themen gestellt, im 1. und 2.Semester eher mit technischer Ausrichtung, ab dem 3. eher gestalterisch und es gibt ein großes freies Projekt am Ende. Zum Abschluss realisieren die Schüler eine eigene Ausstellung mit allem Drum und Dran, d.h. die Räumlichkeit, wo sie die Ausstellung zeigen, die komplette Ausstellungsarchitektur und so weiter - es ist ein zeitaufwendiger und auch kostenintensiver Prozess. Sie müssen Sponsoren finden oder im schlechtesten Fall alles aus der eigenen Tasche bezahlen, aber in der Regel finden sie genügend Unterstützung. Das ist auch eine “Professionalisierungsmaßnahme”, wo sie sehen, wie sie so ein Projekt realisieren und gemeinsam stämmen können. Wir organisieren übrigens auch Wettbewerbe.
Gerade jetzt wieder mit der Magnus Hirschfeld Stiftung gegen Homophobie im Fußball. Es ist ein exklusiver Wettbewerb nur für das vierte Semester mit einem Preisgeld von 5000 Euro. Wir versuchen damit einen Praxisbezug herzustellen, denn die Ergebnisse werden von einer Fachjury begutachtet werden, das ist etwas anderes, als wenn wir das hier intern machen, in dem Kreis, wo die Bilder entstehen.
BF: Die Wichtigkeit mancher praktischer Fächer liegt auf der Hand, bei der Theorie ist es vielleicht nicht ganz so offensichtlich. Warum ist es für Nachwuchsfotografen zum Beispiel wichtig, sich mit Fotografiegeschichte auszukennen?
Frank Schumacher: Fotogeschichte ist ein wichtiges Kernfach in der Theorie. Gerade in einer Flut von Bildern, die einen heute umgeben und durch das Internet, die sozialen Medien und durch die Smartphonefotografie immer noch größer geworden ist. Fotografen müssen wissen, wo die Fotografie herkommt, was es an Richtungen und Konzepte schon gegeben hat und welche Bildsprachen sich wann in welchem Kontext wie entwickelt haben. Denn nur so können sie ihr eigenes Tun in Bezug setzen. Es ist relevant ein Wissen davon zu haben, wie sich die Fotografie als bildnerisches Medium in den letzten 150 Jahren entwickelt hat.
BF: Wenn Sie den Inhalt des Theorieunterrichts im ersten Jahr mit dem im dritten Jahr vergleichen, wo liegt da der Unterschied?
Frank Schumacher: Im ersten Jahr haben sie Fotografiegeschichte und Bildgestaltung. Aber der Schwerpunkt liegt auf der handwerklichen Wissensvermittlung. Im dritten Jahr nimmt das Fach “Visuelle Kultur” einen starken Bezug zu den fotografischen Arbeiten, mit denen sich die Studenten gerade beschäftigen. Ich versuche die theoretischen Themen so zu finden, dass sie zu ihren eigenen Arbeiten passen. Das kann inhaltlich beispielsweise Roland Barthes sein, oder die Fotografie in sozialen Netzwerken wie Twitter, sodass man die ganze Bandbreite von klassischer Fototheorie der 70er Jahre bis hin zum Arbeiten in der Praxis als Bezug hat. Und das gilt es dann mit der eigenen Arbeit abzugleichen.
BF: Es wundert mich immer wieder, wie es kommt, dass der Lette Verein in Bezug auf die Fotografenausbildung in aller Munde ist, obwohl man marketingmäßig von der Schule nicht viel sieht. Ist es der Ruf einer seit dem 19. Jahrhundert existierenden Schule oder sind es die namhaften Fotografen, die die Schule hervorgebracht hat, die Sie so populär machen?
Frank Schumacher: Wir arbeiten nicht speziell an unserem Ruf, aber wir sind in den letzten Jahren immer auf dem Hochschulforum der Photokina vertreten gewesen, für das sich 25 internationale Schulen bewerben können. 2010 sind wir als beste Schule ausgezeichnet worden. Das zeigt, dass wir auf einem sehr hohen Level agieren und auch im internationalen Vergleich mithalten können, obwohl wir nur eine Berufsfachschule sind. Vielleicht sind es die Fotografen, die hier absolviert haben. Aber ich denke, dass es auch das sehr praxisnahe und gleichzeitig offene Ausbildungskonzept ist. Wir helfen den Studenten, sich in die Richtung zu entwickeln, wo wir ihre Vorlieben und Stärken sehen, ob das Mode, Reportage oder Sonstiges ist. Wir fragen die Bewerber am Anfang immer, warum sie zu uns kommen wollen. Viele sagen, dass sie gerne eine festere Struktur haben wollen, dass sie gerne das analoge machen wollen und dass sie die Offenheit der Bandbreite schätzen.
BF: Haben Sie feste oder wechselnde Dozenten? Gibt es immer einen Vertreter aus den verschiedenen Genres und sind diese auch noch als Fotografen in der Praxis tätig?
Frank Schumacher: Wir haben ein festes Kollegium und laden ab und zu Fotografen ein, Vorträge zu halten. Wir haben Spezialisten und Generalisten, die in mehreren Bereichen tätig waren oder auch noch sind. Bei den Spezialisten gibt es zum Beispiel Russell Liebman als Reportagefotografen oder André Giogoli im Bereich der Werbung und CGI. Das Kollegium ist größtenteils Halbzeit, sodass sie auch praktisch tätig sind. Ich bin es auch noch ein bisschen, aber ich muss davon nicht mehr mein Einkommen bestreiten und ich kann auch mit dem Stundenkontingent, was ich hier habe nicht mehr für den professionellen Markt zur Verfügung stehen. Ich mache ab und zu ein Editorial für ein Magazin und arbeite an freien konzeptionellen Arbeiten. Werbefotografie so wie früher geht aber nicht mehr.
BF: Denken Sie, die Studenten sind gut auf die Realität nach dem Studium vorbereitet?
Frank Schumacher: Ich glaube schon. Wir machen ihnen nichts vor und wissen ja um die prekäre Lage, in die der Markt sich in den vergangenen 15 Jahren entwickelt hat. Dementsprechend bereiten wir sie gut vor. Aber nicht so, dass sie anfangen für Dumpingpreise zu arbeiten, sondern im Gegenteil, dass sie sich sehr bewusst darüber sein sollten, welchen Wert ihre Arbeit hat und den draußen zu vertreten. “Haltung” ist ein wichtiges Stichwort. Es geht um die persönliche Haltung, wie man sich durch die Welt bewegt, wie man mit seinen Partnern in Agenturen und Redaktionen zusammenarbeitet und wie man seine Assistenten behandelt - sozusagen eine Ethik im Umgang zu vermitteln. Ich glaube schon, dass unsere Abgänger gut aufgestellt sind. Sie können gleich anfangen für Magazine und Agenturen zu arbeiten, wenn sie abgehen. Nur Manche brauchen vielleicht noch ein paar Jahre der Assistenz, um Arbeitsabläufe nachzuvollziehen.
BF: Wie vermittelt man die so wichtige Haltung als Fotoschule an den Nachwuchs? Haben Sie ein Rezept?
Frank Schumacher: Ich denke, indem man viel über die Praxis draußen redet. Es ist ganz wichtig Praktiker, die jeden Tag im Job stehen, hierher einzuladen. In Vorträgen können sie gut vermitteln, wie sie mit Kunden umgehen, wie sie sich präsentieren und worauf man achten muss. Man kann versuchen allgemein eine Art Verhaltenskodex zu vermitteln, aber letztendlich ist da auch ganz viel individuelle Arbeit jedes Einzelnen dabei. Wir kriegen viele Jobangebote oder Projekte rein und überlegen gut, zu welchem Studenten der Job passt. So versuchen wir, die Leute an die Praxis ranzuführen. Wir versuchen an die Studenten auch zu vermitteln festzusetzen, was ihre Bilder und ihre Arbeit wert sind. Wenn sie einen Job haben, für den es 800 oder 1000 Euro gibt, sind sie erst mal froh diesen Job zu haben. Das sieht zunächst aus wie eine gute Summe für einen Tag. Aber letztendlich ist es nicht das Geld, was am Ende übrig bleibt und sie arbeiten auch mehr als einen Tag dafür. Die Vor- und Nachbereitung wird ja nicht mehr so bezahlt wie früher. Früher war es üblich Vor- und Nachbereitungstage mit dem halben Tagessatz zu vergüten und das ist nicht mehr so.
BF: Wie sind Ihre Erfahrungen mit den Alumni? Kommen die gut in der Fotowelt unter? Kriegen sie Jobs und können überleben?
Frank Schumacher: Das Schöne ist, dass bei unseren Abschlussausstellungen jedes Jahr viele Alumni vorbeikommen, so kriegen wir etwas von ihnen mit und ich weiß, dass sie gut zurechtkommen. Viele arbeiten im fotografischen Bereich und nur Wenige müssen über eine Mischfinanzierung mit einem zweiten Job gehen. Wir haben aber keine offiziellen Zahlen.
BF: Zur Fotografie im Allgemeinen: Was denken sie, wo sie sich hinentwickelt und wo sehen sie Chancen oder Gefahren?
Frank Schumacher: Die Gefahr sehe ich im Bereich der Agenturen. Denn sie wollen immer mehr Rechte direkt einkaufen für weniger Geld. Die Budgets sind bekanntlich nicht mehr wie früher. Ich habe manchmal den Eindruck, dass sie sehr viel auf einmal einkaufen wollen und das auch oft sehr kurzfristig. Durch das Digitale sind viele auf der Nutzerseite der Meinung, dass es ganz schnell geht, ein Bild zu produzieren. Es wäre schön, wenn es da eine Ethik gäbe und Fotografen versuchen würden an einem Strang zu ziehen. Da sehe ich auch Berufsverbände, wie BFF und Freelens in der Verantwortung Aufklärungsarbeit bei Agenturen und Verlagen zu leisten. Die Kundenstruktur hat sich auch verändert. Und durch die Bildagenturen und den Stockmarkt wird auch viel mehr mit einfachem Bildmaterial gearbeitet. Individuellere oder komplexere Aufträge an einen Fotografen sind zurückgegangen.
BF: Können Sie sagen, wie der Tagessatz in der Werbung heute ist im Vergleich zu Ihrer aktiven Zeit in der Auftragsfotografie?
Frank Schumacher: Ich glaube, es ist auseinandergegangen ähnlich den Einkommensverhältnissen in den USA. Es gibt die Topverdiener und die Geringverdiener. Der Mittelbau mit einem Verdienst zwischen 1500-2000 Euro im Durchschnitt ist weggebrochen. Und es gibt immer den Versuch über den Tagessatz noch mehr Rechte einzukaufen als früher üblich war. Früher hatte ich meinen Tagessatz, der ein Jahr Publikationsrechte im Printbereich für Deutschland beinhaltete. Alles andere wurde in der Regel extra berechnet, da gab es selten Diskussionen. Es kam natürlich auch vor, dass ich Magazinstrecken gemacht habe, wo ich kaum was für bekam, einfach weil es natürlich auch eine Werbeplattform für mich war. Ich finde aber, wenn man in der Werbung arbeitet, wird mit dem Produkt Geld verdient. Das ist ein Mehrwert und dieser Mehrwert muss auch in der ganzen Produktionskette honoriert werden.
Durch Kollegen bekomme ich jetzt mit, dass sehr viele Fotografen für einen Job angefragt werden und die Fotografen immer wieder neu kalkulieren müssen, bis es dann irgendwann zu einem Ergebnis kommt. Es liegt auch an Entscheidungsstrukturen in Konzernen, die sich verändert haben. Nicht einer trifft die Entscheidung heute, sondern irgendein Gremium. Konferenzen werden am Telefon abgehalten und alle wollen mitreden, also dauern die Entscheidungen länger und werden komplizierter.
BF: Wir hören oft den Ratschlag an Nachwuchsfotografen, sich selbst zu vermarkten und auf Kunden zuzugehen, ihre Mappe aktuell zu halten und auch anzubieten. Ist das wirklich der Weg, um an die Agenturen ranzukommen oder wie finden die ihre Fotografen?
Frank Schumacher: Meine Erfahrung war, dass man selber sehr viel Akquise machen muss, gerade am Anfang. Man kommt nicht drum herum 1-3 Tage Hamburg am Stück zu machen und von einem Art Buyer zum Anderen zu gehen, um sich mit seiner Mappe da vorzustellen. Das Gleiche gilt für Redaktionen. Meine Erfahrung ist außerdem, dass es letztendlich viel um Chemie geht zwischen Agentur und Fotograf. Denn schließlich ist man als Fotograf im angewandten Bereich doch relativ austauschbar. Selbst wenn man eine extravagante oder eigenständige Bildsprache hat, gibt es wahrscheinlich noch 5 oder 10 andere Fotografen, die diese Bildsprache genauso fotografieren können.
Da komme ich auch wieder auf die Haltung zurück: der persönliche Kontakt und präsent sein ist wichtig. Das wichtigste Aushängeschild ist außerdem die Website. Dass die gut gepflegt wird und man einen guten Eindruck kriegt, ist essenziell. Nachdem man nämlich einmal diese Tour gemacht hat, wird von den Agenturen darauf zurückgegriffen. Insofern ist es bei den Agenturen eine Mischung von Recherche im Netz und dem Blick ins eigene Archiv, wo sie die Fotografen abgespeichert haben.
Auch Aussendungen machen halte ich immer noch für sinnvoll. Obwohl es die Webseite gibt und auch wenn die Agenturen nicht wissen, wohin mit dem ganzen Material. Manchmal ist es einfach schön so ein Heft oder Plakat in der Hand zu halten, weil der Print etwas anderes eröffnet als die zwanzigste Homepage, die man sich anguckt. Ein klassisches Fotografenportfolio ist immer noch wichtig neben der IPad-Präsentation. Auf dem IPad sieht immer alles toll aus und leuchtet, schön und gut, aber die eigentliche Qualität der Fotografie sieht man doch eher im Print.
BF: Haben Sie abschließend noch einen Tipp zum Inhalt der Mappe?
Frank Schumacher: Ich bin der Überzeugung, wenn man wohin möchte und daran arbeitet, dann kommt man auch dahin. So habe ich es auch immer gemacht. Ich habe meine Mappe nicht so gemacht, dass sie irgendeinem Art Buyer gefällt, sondern so, dass sie mir gefällt. Sie musste meine Arbeit und mich präsentieren. Und damit habe ich eine gute Erfahrung bei Werbeagenturen gemacht. Bestimmte Jobs habe ich nicht gekriegt, aber dafür andere und ich konnte sehr gut davon leben. Deshalb sage ich Absolventen, dass sie ihre Mappe danach aufbauen, wo sie hinwollen. Sie können immer noch eine B-Variante haben, in der Jobs drin sind, damit man sieht, dass sie das auch können. Aber sie sollten versuchen ihr persönliches Profil voranzubringen. Gerade wenn man das macht, hat man eine Chance.
BF: Vielen Dank für das Interview, Herr Schumacher.
Lette Verein Fotodesign
Standort: Berlin
Ausbildungsdauer: 3 Jahre
Ausbildungskosten: 3420 €
Abschluss: Staatlich geprüfter Fotodesigner
Webseite: www.lette-verein.de/Fotodesign