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"Mein Job ist es zu beobachten" - im Gespräch mit Fotograf Martin Menke

Fotograf Martin Menke

BF: Hallo Herr Menke, viele Ihrer Arbeiten stammen aus dem Filmbereich und zeigen bekannte Gesichter..

Martin Menke: Ich arbeite jetzt schon seit 17 Jahren bei ganz unterschiedlichen Filmprojekten als Standfotograf. Meist fotografiere ich dann das Bildmaterial für die Pressearbeit, die Filmplakate oder das Internet und über all die Jahre habe ich natürlich auch sehr viele bekannte Schauspieler fotografieren dürfen. Die Standfotografie ist zwar eine recht kleine Nische im Fotografiebereich, aber ich fühle mich sehr wohl mit dieser Arbeit. Angefangen habe ich damit noch im Studium.

 

BF: Dieser Bereich spielt gewöhnlich keine große Rolle in einer Ausbildung, wie sind Sie dazu gekommen?

Martin Menke: Ich hatte immer schon eine starke Affinität zu Filmplakaten. Als ich dann im Studium in einem Fotolabor gejobbt habe, kam ich auch mit Standfotografen in Kontakt. Meinen ersten Job habe ich dann über einen dieser Kunden vermittelt bekommen. Ich mache diesen Job sehr gerne, weil ich für etwas bezahlt werde, was ich sowieso liebe: Situationen beobachten und diese dann auf dem Foto festhalten.

Fotograf Martin Menke 

BF: Sie haben Ihren ganz eigenen Stil, aber wie bekommt man den diesen bestimmten Look, diese Ausdrucksstärke hin?

Martin Menke: Wie jeder andere Fotograf auch versuche ich möglichst intensive Bilder zu machen. Die Standfotografie hat darüber hinaus aber noch eine wichtige Einschränkung: Die Personen müssen erkennbar sein und gerade bei Profilaufnahmen ist das manchmal eine Herausforderung. Aufnahmen von hinten gehen bei Kinofilmen eigentlich nur als moods, wenn die Stimmung des Fotos der Stimmung des Films entspricht. Ich mache relativ viele Fotos bei einem Auftrag und bin dann auch eher kritisch bei der Auswahl. Die Art der Auswahl führt letztlich dann zu einer eigenen Bildsprache.

 

BF: Machen Sie die Fotos eigentlich während des Drehs?

Martin Menke: Das werde ich oft gefragt. Ich nutze bei Proben und auch während des Takes einen blimp Schallschutz. Damit kann ich dann vorsichtig Fotos machen. Die zweite Möglichkeit ist, die Szenen oder Einstellungen später nachzustellen. Ich bitte die Schauspieler dann eine bestimmte Szene nachzuspielen und wenn sie nett sind, machen sie das für mich, sodass ich dann ein gestelltes Foto bekomme. Oft sind die ungestellten Fotos aber von der Emotion her besser.

Auf meiner Internetseite sieht man ein Bild aus dem Film "der Staat gegen Fritz Bauer" von einem Mann am Schreibtisch, der raucht. Dieses Bild ist während des Originaltakes des Drehs entstanden, denn wenn ein Schauspieler für eine Szene schon etliche Male eine Zigarette rauchen musste, ist die Bereitschaft, dies für mich zu wiederholen, meist recht gering. Bei solchen Szenen muss ich dann als Fotograf bei Proben und der eigentlichen Aufnahme präsent sein. Es gibt aber auch gestellte Fotos, wie zum Beispiel das Zweierportrait von Axel Prahl und Jan Josef Liefers oder das Portrait von Götz George.

Fotograf Martin Menke 

BF: Wie erreichen Sie eigentlich diese Klarheit in Ihren Bildern?

Martin Menke: Das kommt wahrscheinlich durch meine lange Erfahrung und die selbstkritische Bildauswahl. Es gehört aber immer auch etwas Glück mit dazu. Ich glaube nicht, dass man ein gutes Foto wirklich planen kann, denn Magie kann man nicht erzwingen. Im kreativen Bereich gibt es meiner Meinung nach immer auch einen Zufallsfaktor.

 

BF: Gab es diesen Zufallsfaktor bei dem Standbild aus dem Film Paula ?

Martin Menke: Was ich toll an dem Bild finde, ist der Gesichtsausdruck von den beiden Schauspielerinnen. Ich wusste sofort, dass das Foto super ist. Es ist zwar gestellt, hat aber diese Mystik. Beim Dreh war es zu dunkel zum Fotografieren, wir haben das dann mit extra hellen Kerzen nachgestellt. Bei technisch etwas schwierigeren Aufnahmen bereite ich mich eine Weile darauf vor und weiß dann genau, wie ich die Kamera einstelle, sodass ich später nur wenige Sekunden brauche, um das Foto zu machen.

 

BF: Wenn man das Standbild der beiden Frauen im Kerzenschein sieht, möchte man unbedingt die Geschichte dazu hören.

Martin Menke: Das empfinde ich ähnlich. Die rechts stehende Person ist Carla Juri, eine Schweizerin, die die Hauptrolle der Paula spielt und die links stehende Person heißt Roxane Duran und spielt ihre beste Freundin. Die Szene, spielt in dem Atelier von Rodin in Paris, aber eigentlich wurde sie in Merseburg gedreht. Für den Film sind wir sehr viel herumgereist, unter anderem auch nach Worpswede, einem Originalschauplatz. In dieser Künstlerkolonie hat Paula Modersohn-Becker ihren Mann Otto Modersohn kennengelernt. Als Fotograf finde ich es immer spannend, an viele verschiedene Orte zu kommen.

Fotograf Martin Menke

BF: Was würde Sie machen, wenn Sie nicht fotografieren würden?

Martin Menke: Das ist schwierig, aber ich könnte mir auch vorstellen, Musiker zu sein. Auch wenn meine Eltern immer gesagt haben, dass Kunst brotlos sei, habe ich mich letztlich dafür entschieden.

Es gibt zwar immer wieder Phasen, in denen ich mir anstelle der Freiheit eine gewisse Sicherheit im Leben wünsche. Allerdings wünschen sich die Leute, die eingebunden in ihren 9-to-5-Job sind, oft die Freiheit, die wir Freiberufler haben. 

 

BF: Gibt es Projekte, an die Sie sich gern erinnern?

Martin Menke: Beim Dreh des Films Paula dabei zu sein fand ich sehr schön. Der Staat gegen Fritz Bauer war auch ein sehr spannendes Projekt. Grundsätzlich wird bei ambitionierten Filmprojekten oft auch extrem motiviert gearbeitet und das ist spannend. Ein Regisseur quält dann seine Crew auch gern und wiederholt ein Take zehn oder fünfzehn mal. Im Gegensatz dazu werden andere Filme dann aber auch einfach runtergedreht.

 

BF: Was bedeutet das dann für Sie als Standbildfotograf?

Martin Menke: Oft sind die Schauspieler bei ambitionierten Filmen mir gegenüber wohlgesonnener, weil sie wissen, dass die Fotos, die ich mache, wichtig sind. Wenn eine Szene etliche Male wiederholt wird, habe ich zwar auch oft die Gelegenheit, ein gutes Foto zu machen, aber kaum eine Chance auf ein gestelltes. Denn die Schauspieler sind meist froh, wenn der Take vorbei ist.

 

BF: Wie ist es denn generell, mit Schauspielern und den Leuten im Filmbereich zusammenzuarbeiten?

Martin Menke: Es gibt beim Film viele kleine Rädchen, die in der Maschine arbeiten. Als Fotograf sollte man sich nicht stark in den Vordergrund spielen, aber das ist ohnehin nicht meine Art. Mein Job ist es zu beobachten und das mache ich auch gern. Es arbeiten oft 50 Leute an einem Ort und da muss man sich als Fotograf einfach auch zurücknehmen können. Dominanz ist fehl am Platz.

Fotograf Martin Menke 

BF: Ist es für Sie leichter, mit Schauspielern zusammenzuarbeiten als mit Laien?

Martin Menke: In gewisser Weise ja, da Schauspieler meistens recht gut wissen, wie sie wirken. Aber es kommt auch immer darauf an, welche Fotos man machen will. Wenn ich ein ehrliches Portrait von jemanden machen möchte, ist es mein Job als Fotograf, ihn so abzulichten, dass er authentisch rüberkommt. 

 

BF: Nach welchen Kriterien wählen Sie nach einem Projekt die Bilder für einen Film aus?

Martin Menke: Ich lese vorher das Drehbuch und bekomme so ein Gefühl für die Bildsprache. Ich muss aus den vielen Bildern dann nur die besten Fotos auswählen. Ich habe ein Katalogprogramm, welches ziemlich old-school ist und in dem ich die Fotos mehrfach markieren kann. Wenn ich etwa 500 Bilder schieße, mache ich eine Vorauswahl, daraus mache ich noch einmal eine Auswahl und dann noch einmal eine Auswahl. Dreimal eine Auswahl zu treffen, empfinde ich oft als anstrengend, weil ich die Bilder auch nach technischen Aspekten betrachten muss. Fotos mit einer Unschärfe kann ich direkt aussortieren, so gut sie mir auch gefallen mögen.

 

BF: Was treibt Sie eigentlich seit all den Jahren als Fotograf an?

Martin Menke: Fast kein Foto, was ich mache, empfinde ich als ideal oder gut. Das ist wie ein Motor, der mich vorwärts bringt, um immer weiter Bilder zu machen. Selbst wenn ich schon ein gutes Foto habe, mache ich trotzdem weiter, weil ich immer denke, dass ich eventuell ein besseres Foto verpasse.  In den letzten Jahren bin ich mit zunehmender Erfahrung allerdings auch ein wenig ruhiger geworden. Letztlich brauche ich ja nur ein gutes Bild und nicht zehn.

Fotograf Martin Menke 

BF: Wie sieht eigentlich die Konkurrenzsituation im Bereich der Standfotografie aus?

Martin Menke: Ich befinde mich in einer sehr kleinen, exotischen Nische. Hier in Köln gibt es etwa 10 Fotografen, die in diesem Bereich arbeiten. Wir kennen uns untereinander und es gibt schon eine gewisse Konkurrenzsituation. Interessante Jobs möchte natürlich jeder machen, aber dennoch sind wir aufeinander angewiesen und helfen uns gegenseitig mit Equipment oder geben Termine, die man selbst nicht wahrnehmen kann, untereinander weiter. Mittlerweile habe ich meine Kontakte und einen gewissen Ruf, darüber kommen dann die meisten Aufträge. Ich mag zum Beispiel auch die Modefotografie, aber ich mag nicht das Metier, da wäre ich nicht glücklich.

 

BF: Was würden Sie dann jungen Menschen raten, die heute Fotograf werden wollen?

Martin Menke: (lacht). Was soll ich sagen …? Bei dieser Frage muss ich immer an meine Eltern denken. Ich kann nur von der Idee, Fotograf zu werden, abraten. Die Zeiten haben sich stark gewandelt. Das klassische Bild des Fotografen gibt es nicht mehr. Seit der digitalen Revolution kann jeder mit dem Handy ein gutes Foto machen. 

 

BF: Die erfolgreichen jungen Fotografen verursachen mittlerweile oft eine Identitätskrise bei alteingesessenen Fotografen.

Martin Menke: Ja, es gibt nicht mehr diese klassischen, altmodischen, linearen Strukturen. Früher gehörte wahnsinnig viel Erfahrung dazu, um ein gutes Foto zu machen. Man hatte keinen Monitor, auf dem man die Bilder screenen und auswählen konnte. Man musste die Filme erst ins Labor bringen und hat am nächsten Tag gesehen, ob die Bilder gut waren. Korrigieren konnte man da nicht mehr. Ein gutes Foto zu produzieren ist vom Equipment und dem finanziellen Aufwand in den letzten 20 Jahren viel günstiger geworden. Im Umkehrschluss ist es aber wesentlich schwieriger geworden, sich als Fotograf zu finanzieren. Deshalb kann ich nur abraten, heutzutage Fotograf zu werden. Ich sehe jetzt viele Fotografen aus der Not heraus kleine Filmclips zu machen. Aber das ist etwas völlig anderes. Ein stehendes Bild hat so eine Art Mystik, die ein bewegtes Bild nicht hat. 

Fotograf Martin Menke 

BF: Ist das der Grund, warum Sie das Filmen eher ablehnen?

Martin Menke: Nein, vielleicht bin ich auch etwas überfordert, denn der Anspruch ist ein anderer. Ein Foto ist ein Ausschnitt, eine Momentaufnahme und das ist für mich sehr faszinierend. Wenn in einem Bild eine gewisse Mystik steckt, finde ich das gut. Egal, ob das dann eine professionelle Aufnahme ist oder ein Handybild. Professionelle Bilder sind oft technisch perfekt, aber es steckt wenig Tiefe drin. Grundsätzlich mag ich ehrliche Sachen und wenn man an Fotos einen gewissen Intellekt erkennen kann.

 

BF: Sie mögen somit fotografische Geschichtenerzähler?

Martin Menke: Ja, genau. Aber die Bilder sollten eine gewisse Stilsicherheit erkennen lassen. Viele probieren, eine Stimmung zu erzeugen, die dann aber nur eine Art Abklatsch von Klischees ist oder eine Kopie von etwas, was sie irgendwo gesehen haben. Neben der Standfotografie arbeite ich an einer künstlerischen Reihe, bei der ich immer zwei Bilder kombiniere. Diese Twinpics sind mein assoziatives Tagebuch mit persönlichen Bildern, aus denen sich assoziative Geschichten ergeben.

Mir persönlich gefallen Sachen, die einen dokumentarischen Stil haben und wo die Technik nicht im Vordergrund steht. Martin Parr finde ich zum Beispiel toll. Das ist jemand, der schon seit den 70er Jahren geblitzte Aufnahmen bei Tageslicht macht. Er fotografiert unter anderem das britische Prekariat, er zeigt die sozialen Umstände anhand unverfälschter Aufnahmen. Er hat Humor und die Bilder haben einen politischen Aspekt, weil man sieht, wie die britische Gesellschaft tickt. Solche Aufnahmen sind mehr als nur eine Abbildung.

 

Fotograf Martin Menke Porträt 

 

Mehr Arbeiten von Martin Menke findet man auf seiner Internetseite und auf seinem BF Profil.

 

 

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