"Gute Architektur treibt mich an" - Fotograf Tim Dalhoff im Interview
Im BEST OF 2016 zeigen professionelle Fotografen ihr bestes, persönlichstes oder emotionalstes Foto aus dem letzten Jahr.
Mitgemacht hat auch Tim Dalhoff mit einer Architekturaufnahme.
BF: Hallo Herr Dalhoff, was ist für Sie das Besondere an diesem Industriemotiv?
Tim Dalhoff: Für mich hat dieses Motiv vor allem Tradition und ist ein kleiner Höhepunkt am Jahresabschluss. Das Kraftwerk in Wolfsburg dient jedes Jahr als großer Adventskalender. Zu jedem Advent wird ein Schornstein erleuchtet, bis alle vier erhellt sind. Das ist ein schöner Jahresausklang für mich.
Man schaut von der Autostadt auf die alten, beleuchteten Kraftwerksgebäude und das erzeugt eine tolle Stimmung. In Zusammenhang mit den jährlich stattfindenden Veranstaltungen in der Weihnachtszeit ist das immer ein Highlight. Da ich aus Wolfsburg komme, gehört das Volkswagenkraftwerk als Wahrzeichen für mich einfach mit dazu.
BF: Was macht es für Sie fotografisch besonders?
Tim Dalhoff: Der Bau ist sehr statisch und schön gelegen mit dem Wasser im Vordergrund. Er wird hervorragend beleuchtet und ist aufgrund seines Ziegelbaus architektonisch interessant, da dieser in Niedersachsen ein Zeitdokument ist. Der Bau ist einmalig und charakteristisch für die Gegend hier.
Zudem fotografiere ich auch sonst sehr viel Architektur. Ich mag klare Linien und ausgeglichene Bilder. Vielleicht ist mein Stil ein bisschen altmodisch, aber ich mag ihn trotzdem. Es ist eine ganz klassische Form der Architekturfotografie, ohne Effekthascherei. Gerade Linien sind mir sehr wichtig, deshalb ist für mich auch in der heutigen Zeit die Fachkamera unverzichtbar.
BF: Worauf legen Sie bei Ihren Aufnahmen Wert?
Tim Dalhoff: Auf Stimmungen und Perspektiven, auf die Realität und dass die Dinge so abgebildet werden, wie ich sie in diesem Moment erfahren habe. Das sind die Hauptbestandteile.
BF: Und was sind die anderen Bestandteile?
Tim Dalhoff: (lacht) Es sind ganz klassisch alle fotografischen Feinheiten. Von der Aufnahme über die Nachbearbeitung am Computer bis zum Druck des Fotos muss alles stimmen.
BF: Wussten Sie beim Aufnehmen des Bildes eigentlich schon, dass es ein besonderes Bild für Sie wird?
Tim Dalhoff: Bevor ich losgehe und fotografiere, mache ich mir viele Gedanken. Das Bild entsteht im Kopf. Ich weiß schon vorher, wie es später aussehen soll. So war es auch bei diesem Bild. Ich wollte eine besondere Stimmung einfangen. Oft mache ich zu verschiedenen Tageszeiten Baubegehungen und bei längeren Projekten auch zu verschiedenen Jahreszeiten. Das Licht ändert sich im Laufe des Tages und des Jahres oft extrem. Darauf basierend suche ich mir Punkte aus, die entsprechend schön wirken. Ich nehme manchmal nur den Sucher mit, ohne die Kamera, und beobachte, probiere aus. Das hilft und ist schließlich die Grundlage für das Bild in meinem Kopf.
BF: Ist Fotograf zu sein für Sie etwas Besonderes?
Tim Dalhoff: Etwas aus dem Nichts zu erschaffen und Momente zu konservieren, ist eine feine Sache. Ich erstelle viele technische Fotografien im Studio. Dort kann ich aus alltäglichen Dingen ansprechende Aufnahmen kreieren. Die Fotografie ist breit gefächert und das macht die Arbeit sehr, sehr spannend und für mich zu etwas Besonderem.
BF: Was ist für Sie persönlich ein sehr gutes Foto?
Tim Dalhoff: Ein sehr gutes Foto ist für mich sowohl technisch auf einem hohem Niveau als auch in der Lage, Stimmungen sensibel widerzuspiegeln. Ein sehr gutes Foto ist für mich demnach ein Zusammenspiel beider Faktoren.
Schöne Architektur einzufangen ist per se schon etwas Tolles. Der Architekt hat sich Gedanken gemacht und damit bereits seine Absichten verfestigt. Diese Absichten visuell in seinem Sinne so umzusetzen, dass die Gedanken des Architekten transportiert werden, ist ein Highlight für mich.
BF: Das war eine freie Arbeit. Würden Sie gern mehr in dieser Richtung machen?
Tim Dalhoff: Ich versuche, mir regelmäßig Zeit für eigene Projekte zu nehmen. Mir macht es zudem Spaß, mit Fotografenkollegen zusammenzuarbeiten und gemeinsam Projekte anzugehen.
BF: Wie kommt es, dass Sie so gern Architektur fotografieren?
Tim Dalhoff: Ich bin recht technikbegeistert und an Architektur interessiert. Diese Kombination bietet eine perfekte Grundlage. Bauwerke umgeben uns, sind Teil unseres Lebens und wir erfreuen uns an ihnen, besonders, wenn diese schön gestaltet sind. Das hat mich immer fasziniert. Ich bin getrieben, diese schönen Seiten von Städten abzubilden.
BF: Wie kommen dann die Insekten in Ihr von Architektur dominiertem Portfolio?
Tim Dalhoff: (lacht) Das war ein kleines Projekt, das ich für einen Bekannten gemacht habe, der Biologe ist. Er setzt sich mit diesen Tierchen auseinander. Die Aufnahmen habe ich mithilfe von Focus-stacking gemacht. Die Fotografien wurden aus 300 Bildern mit verschiedenen Schärfeebenen montiert. Ich fand es spannend, das einmal auszuprobieren.
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