"Es gibt kein richtig oder falsch" - Fotograf Thomas Sawer
BF: Hallo Herr Sawer, schön, dass Sie sich die Zeit für ein Interview nehmen! Sie fotografieren hauptsächlich im Peoplebereich, was ist für Sie eigentlich das Tolle am Beruf des Fotografen?
Thomas Sawer: Mir gefallen am Fotografenberuf die Abwechslung, sowie die Arbeit mit Menschen diverser Backgrounds. Man kriegt Einblicke in verschiedene Arbeitsbereiche und –konzepte unserer Gesellschaft und trifft sich auf Augenhöhe mit Vorständen, Models oder Kindern. Dadurch hat jeder Arbeitstag seine eigene Dynamik und sein eigenes Tempo. Durch Gespräche am Set kann man oft etwas Neues lernen, interessante Impulse finden oder einfach zusammen lachen.
Zudem gibt es auch eine familiäre Komponente: man arbeitet von Job zu Job idealer weise mit seinem Stamm-Team – quasi eine Patch-Work-Arbeitsfamilie. Dadurch hat man in jedem Kontext immer einen heimischen Kern, Kollegen die deine eigene Arbeitsweise spiegeln oder fördern und produktorientiert und freundlich mit dir deine Abenteuer beschreiten. Diese Atmosphäre überträgt sich in 99% der Fälle auf die Kunden und wird einem auch im Nachhinein noch häufig gespiegelt.
Dass ich oft ausschlafen kann ist auch ein definitives Plus.
BF: Welche fotografische Ausbildung haben Sie eigentlich und seit wann sind Sie als Fotograf selbstständig? Wie schnell kamen dann die ersten Aufträge?
Thomas Sawer: Ich habe ein eher technisches Studium absolviert – das des Photoingenieurs. Vor und während des Studiums habe ich bereits regelmäßig bei Fotografen assistiert und die Basics der Lichtsetzung kennengelernt. Nach dem Abschluss wurde mir schnell klar, dass für mich eine Vollzeitstelle in einem Angestelltenverhältnis nicht infrage kommt. Daher habe ich mich 2013 selbstständig gemacht und sukzessiv mein Equipment und meinen Kundenstamm aufgebaut. Die ersten Jahre musste ich mich dabei noch durch Assistenzen und Nebenjobs querfinanzieren, um über die Runden zu kommen. Seit ca. 2 Jahren lebe ich hauptsächlich von der Fotografie.
BF: Gibt es einen Bereich in der Fotografie, in dem Sie besonders gerne arbeiten?
Thomas Sawer: Für mich macht’s der Mix – wenn man eine Woche im Studio geshootet hat, freut man sich auch wieder, abends auf einem Event zu fotografieren. Jeder Bereich hat seine Tricks und Tücken und ich finde durch diesen Wechsel kann man sein fotografisches Auge vielfältiger schulen. Unterm Strich kann man jedoch sagen, dass mir die Arbeit mit Menschen am meisten gefällt - also der Bereich People oder Portrait.
BF: Manche Aufträge sind emotional oder inhaltlich besonders schön. Hatten Sie einen Auftrag, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Thomas Sawer: Die Aufträge, die man nicht primär für Geld macht, sind oft die schönsten. Wenn man z.B. auf einem Event nette Künstler trifft, oder man mit herzlichen Menschen einen schönen Tag verbringen kann und man nicht nur auf das Foto als Produkt hinarbeitet. Da sind Momente der Inspiration häufig der eigentliche Lohn.
BF: Sehen Sie sich eigentlich als Künstler und die Fotografie als Berufung oder ist das ein ganz normaler Job für Sie?
Thomas Sawer: Ich sehe mich irgendwo dazwischen. Für bestimmte Auftragsarbeiten sehe ich definitiv, dass das Foto keinen künstlerischen Anspruch hat. Also sehe ich mich dort auch nicht als Künstler. In manchen neueren Arbeiten versuche ich durch Inhalt, Formsprache, Farbgebung und Setting einen künstlerischen Mehrwert zu generieren. Daraus entstehen dann (hoffentlich) Bildwelten, welche eine Geschichte erzählen, die der Betrachter für sich entschlüsseln kann. Im Mittelpunkt steht aber immer der Mensch als Individuum. Das ist der Ausgangspunkt und bestimmt den Inhalt, sowie das Setting.
BF: Wie wird man Ihrer Meinung nach als Fotograf erfolgreich und wie behauptet man sich dann auch möglichst lange im Job?
Thomas Sawer: Ich denke generell gilt, dass man seinen Job gerne machen sollte und das hilft einem am Ball zu bleiben, auch wenn mal schwierige Zeiten auftreten. Je nach Bereich gibt es wahrscheinlich bessere oder schlechtere Akquise-Plattformen, die man nutzen kann. Heutzutage hilft es definitiv eine suchmaschinenoptimierte Webseite zu haben und diese regelmäßig zu pflegen. Dann ist die soziale Komponente wichtig – denn universelles Gesetz ist: Kunden, Agenturen und Modelle sollten gerne mit dir zusammenarbeiten wollen. Wenn man es darüber hinaus schafft, eine eigene fotografische Handschrift zu kreieren, welche die Menschen anspricht - das sollte der Clou sein.
Vielleicht hilft es auch einfach im Kopf nicht einzuschlafen, die Welt um einen herum immer wieder auf’s neue wahrzunehmen und seine Fotografie nicht zu statisch werden zu lassen. Die eigene Bildsprache zu modernisieren oder vielleicht einen gewissen Spielraum bei der Lichtsetzung zuzulassen, die idealerweise dann zum aktuellen Produkt passt. Es gibt nicht das eine „richtig“ oder „falsch“.
BF: Was dürfen Kunden von Ihnen erwarten, wenn sie Sie buchen? Was zeichnet Ihre Fotografie aus?
Thomas Sawer: Ich bin der Ansicht, dass bei Auftragsarbeiten ein spezifischer Bildlook nicht immer vordergründig ist – da stellt man sich oft auf die Wünsche des Kunden oder der Werbeagentur ein. Das ist recht flexibel. Was mir jedoch wichtig ist, ist eine freundliche und professionelle Atmosphäre am Set. Das gilt für das gesamte Team. Ich bin in erster Linie der Regisseur am Set, jedoch ist mir ein produktorientiertes Arbeiten wichtiger, als mein Ego durchzusetzen. Durch eine gewisse Offenheit im Prozess können alle Akteure – ob Art Director, Stylist/in oder Fotoassistent – einen wertvollen Beitrag leisten und zum Erfolg des Bildes beitragen. Trotzdem muss eine gewisse Bestimmtheit beim Inszenieren vorhanden sein, damit das Soll erfüllt wird.
BF: Welchen Weg raten Sie jungen Menschen, die heutzutage Fotograf werden wollen?
Thomas Sawer: Es gibt kein richtig oder falsch. Einfach viel mit der Kamera loslaufen - um sein fotografisches Auge kultivieren – kann nie schaden. Diese Praxis dürfte für alle fotografischen Bereiche gültig sein. Möchte man Studiofotograf sein, helfen z.B. Praktika oder Assistenzen bei Fotografen mit eben diesem Fokus, um die Infrastruktur kennenzulernen: die Kamera- und Lichttechnik, den persönlichen Umgang mit Models und Kunden, die Bürokratie und Selbstorganisation einer Selbständigkeit, Kosten und Honorare. In der Regel darf man sich als Mitarbeiter dann auch mal im Studio ausprobieren, sofern kein Shooting für den Tag ansteht. Möchte man Reise- oder Lifestyle-Fotograf auf Instagram werden, sieht der Weg wahrscheinlich anders aus. Das muss man je nach Typ unterschiedlich agieren.
BF: Was denken Sie, wann wird ein Bild letztlich zu einem richtig guten Foto?
Thomas Sawer: Ein Foto ist für mich gelungen, wenn es schafft beim Betrachter einen Eindruck zu hinterlassen. Das ist unabhängig von Technik, Form, Farbgebung oder Sujet. Was das Foto ausdrückt muss – innerhalb der Welt, in welcher dieses Foto kreiert wurde - eine Authentizität und einen Sinn haben.
BF: Vielen Dank!
Mehr Arbeiten von Thomas Sawer gibt es auf seinem BF Profil oder seiner Internetseite