"Ich würde immer wieder diesen Beruf ergreifen" - im Gespräch mit dem Fotografen Thomas Rathay
BF: Herr Rathay, sie haben mit 35 erst relativ spät Ihren Abschluss als Fotodesigner gemacht. Woher stammt das Interesse an der Fotografie?
Thomas Rathay: Ich fotografiere seit meiner frühen Jugend, habe damals schon selbst entwickelt und wollte eigentlich immer journalistisch tätig werden. In der DDR war es für mich aber nicht attraktiv. Nach 14 Jahren in einem anderen Beruf kamen gesundheitliche Probleme zur Abneigung gegen die schlechten Arbeitszeiten hinzu und so begann ich 2003 eine Ausbildung zum Fotodesigner.
BF: Sie haben sich dann für ein Fotodesignstudium an der privaten Lazi Akademie entschieden – warum haben Sie gerade diese Schule gewählt und wie hoch waren die Kosten?
Thomas Rathay: An der LAZI-Akademie wurde mir alles in Bezug auf das Fotografieren für Werbezwecke und auch die Vermarktung meiner Bilder beigebracht. Das war mir lieber, als z.B. eine künstlerische Ausbildung wie an der FH Bielefeld, an der ich mich auch umgesehen hatte. Die Kosten meiner Ausbildung beliefen sich auf ca. 11.000 €, wurden mir aber als Umschulung durch die BG erstattet.
BF: Seit 2005 sind Sie als Fotojournalist und Fotodesigner tätig. Wussten Sie vorher, wie der Alltag sein würde, oder hatten Sie eine ganz andere Vorstellung vom Beruf Fotograf?
Thomas Rathay: Während der Ausbildung wurde ich zwar schon etwas auf den Alltag vorbereitet, letztlich habe ich mir aber erst bei meinem Praktikum in Hamburg ein richtiges Bild machen können. Dort war ich 4 Monate bei einem Fotojournalisten und entschloss mich danach sofort, es ebenfalls als Freiberufler zu versuchen.
BF: Wie sind Sie an Ihre ersten Jobs gekommen und wie ging es dann weiter?
Thomas Rathay: In den ersten Monaten meiner Selbstständigkeit machte ich eine Reise zu verschiedenen Redaktionen in Deutschland und stellte mich dort mit meiner Mappe vor. Meinen allerersten Kunden habe ich noch immer, durch verschiedene Wechsel in Bildredaktionen kam ich auch an andere Magazinkunden. Ich bleibe aber auch immer am Ball und stelle mich per Mail oder noch lieber persönlich bei potenziellen Neukunden vor.
BF: Wie wichtig sind diese persönlichen Kontakte in der Fotografie?
Thomas Rathay: Ich bin der Meinung, dass mich meine Kunden genauso kennen sollten wie ich sie. Da ich als Vertreter meiner Auftraggeber zu deren Kunden geschickt werde, sollte ein persönlicher Kontakt und vor allem Vertrauen vorhanden sein. Persönliche Kontakte helfen auch als Gedankenstütze, falls wie schon beschrieben der Bildredakteur seinen Arbeitgeber wechselt.
BF: Wie akquirieren Sie Kunden? Machen Sie Termine und gehen mit der Mappe vorbei oder haben Sie nur noch PDF oder ein iPad zum Zeigen der Bilder?
Thomas Rathay: Termine am Telefon machen und dann nach Möglichkeit mit Bildern erscheinen, die begeistern. Das ist der Idealfall. Oftmals bekommt man diese Chance aber nicht mehr, sondern darf nur das PDF per Mail schicken. Ich versuche auch immer, nach der Mailvorstellung einmal persönlich in Erscheinung zu treten.
BF: Gibt es auch in Ihrem Bereich einen Preisdruck und falls ja, wie entgegnen Sie diesem?
Thomas Rathay: Natürlich wollen alle immer den billigsten Preis. Ich gehe bei diesem Preisdruck nur so weit mit, wie ich es mir selbst gegenüber rechtfertigen kann. Wenn ich zu einem Termin gehe und das Gefühl habe ich werde ausgebeutet, kommen auch keine guten Ergebnisse zustande und das schadet meinem Ruf. Ich sage solchen Preisdrückern lieber ab und konzentriere mich auf meine „guten“ Kunden. Das Gleiche mache ich auch mit Kunden, die sich über sogenannte „Buy out“ – Verträge alle Rechte sichern wollen und dafür nicht angemessen zahlen. Das klingt jetzt sicher etwas arrogant, ist es aber nicht. Ich versuche immer mit meinen Kunden zu reden meinen Standpunkt klar darzustellen und zu argumentieren. Meistens verstehen mich die Bildeinkäufer, können aber auch nichts machen.
BF: Viele junge Menschen wollen Fotograf werden. Würden Sie zum Beruf in der heutigen Zeit raten?
Thomas Rathay: Absolut JA, wenn man das Fotografieren liebt und viel dafür in den Hintergrund stellen mag und nicht unbedingt reich werden muss, um glücklich zu sein. Ich würde es jederzeit wieder so tun!
BF: Würden Sie rückblickend wieder ein Fotodesignstudium machen oder eher eine schulische oder handwerkliche Ausbildung bzw über Praktika und Assistenzen lernen?
Thomas Rathay: Ich würde es wieder so machen, aber auch über ein Studium nachdenken, wenn ich jünger wäre. Praktika sind zur Findung der richtigen fotografischen Ausrichtung auch sehr entscheidend, da man dabei erfährt, wie der Alltag wirklich läuft. Allerdings darf man sich nicht als ewiger Praktikant ausnutzen lassen, sondern bald den Sprung ins Berufsleben wagen.
BF: Für welche Auftraggeber arbeiten Sie? Machen Sie freie Projekte, um neue Kunden zu akquirieren?
Thomas Rathay: Ich arbeite meist für Magazin- und Buchverlage, mache Bilder für zwei bis drei ausgewählte Agenturen, aber meist nur als Zweitverwertung.
Firmen, die Bilder eines Events oder auch für ihre Broschüren und Webauftritte brauchen sind genauso meine Kunden, wie öffentliche Einrichtungen. Auch habe ich mittlerweile Kunden, die mich als Referenten für einen Diavortrag oder einen Fotoworkshop buchen. Alles, was mit Fotografie zu tun hat, ist letztlich mein Job.
BF: Die Zahl der Fotografen ist in den letzten Jahren extrem gestiegen - macht sich das in Ihrem Bereich bemerkbar?
Thomas Rathay: Ich merke nicht unbedingt, dass es mehr Fotografen gibt. Es ist schon immer schwierig, Aufträge zu bekommen. Mittlerweile habe ich meinen Fotostil etwas geprägt und werde deswegen gerne gebucht, aber auch abgelehnt, wenn es nicht passt.
BF: Gerade im Journalismus machen Fotografen oft einfach auch Videos mit. Nehmen Sie Aufträge im Bereich Film an und falls ja, wie tief sind Sie in die Materie des Filmens eingestiegen?
Thomas Rathay: Ich filme bisher noch nicht. Gerade im Bereich der Firmenfotografie wird die Nachfrage stärker und ich werde mich da hineinversetzen müssen. Wieder eine neue Herausforderung!
BF: Sie sind als Fotojournalist auch bei Freelens Mitglied - wo liegen die Vorteile?
Thomas Rathay: Freelens gibt einen guten Rückhalt im Fotografenleben. Ich kann mich mit Kollegen austauschen und keiner will den anderen übervorteilen. Es werden Jobs weitergegeben, wenn man selbst keine Zeit dafür hat. Es gibt kostenlose Rechtsberatung bis zu einem gewissen Grad und auch sonst wissen die Kollegen und die Geschäftsführung meist Rat bei Fragen zum Thema Fotografie. Desweiteren treten wir als Gemeinschaft bei Streitigkeiten auf, wenn es um die Themen Verträge und Nutzungsrechte geht.
BF: Sie geben jährlich Fotokurse in Schweden, bzw veranstalten Fotoreisen. Was motiviert Sie dazu und was für Teilnehmer sind dann mit dabei?
Thomas Rathay: Ich möchte gerne mein Wissen in Sachen Fotografie an interessierte Menschen weitergeben und diesen Aspekt mit dem Thema OUTDOOR zu verbinden macht mir besonders viel Spaß. Die Teilnehmer sind sehr unterschiedlich in den Voraussetzungen und der Ausrüstung, doch am Ende lernt jeder etwas in der Woche und auch ich bekomme viele neue Ideen, kreativen Input und lerne neue Kamerasysteme kennen. Vor allem begegne ich aber immer wieder vielen spannenden Menschen und verbringe eine intensive Zeit mit ihnen.
BF: Heute wollen Auftraggeber oft vieles, aber möglichst wenig bezahlen. Denken Sie, dass man mit der Einstellung „Qualität braucht Zeit und kostet Geld“, zukünftig Jobs bekommt? Wie sollte man sich als Fotograf positionieren?
Thomas Rathay: Dem Aspekt Qualität kostet Geld stimme ich zu. Zeit ist nicht immer so entscheidend, denn auch durch Schnelligkeit, besonders in der Nachbearbeitung kann ich als Fotograf punkten. Das heißt auch mal Nacht- und Wochenendarbeit, die man sich auch bezahlen lassen sollte. Auf keinen Fall unter Wert verkaufen lautet die Devise. Wenn es zu billig ist, denken die Kunden auch schon, dass es nicht gut sein kann. Alles ist immer wieder auch Bauchgefühl, Erfahrung und Verhandlungsgeschick, oft spielt auch gegenseitige Sympathie mit.
BF: Haben Sie einen festen Tagessatz oder variieren Sie je nach Auftraggeber und Art des Jobs? Wie handhaben Sie die Nutzungsrechte?
Thomas Rathay: Für große Projekte, bei denen sich die Vertragspartner kennen, gibt es feste Sätze, ansonsten ist es für jeden individuell zu berechnen, wie schon in der vorherigen Frage beschrieben.
Nutzungsrechte vergebe ich je nach Anfrage, normalerweise gebe ich aber keine ausschließlichen Rechte ab.
BF: Wo sehen Sie sich in Zukunft als Fotograf und was denken Sie, wie die Fotografie in einigen Jahren aussieht?
Thomas Rathay: Ich werde auf jeden Fall meinen Job so lange ausüben, wie es die Gesundheit zulässt. Auch versuche ich meine Bilder vermehrt selbst zu vermarkten, d.h. freie Arbeiten zu erstellen und diese anzubieten. Vielleicht auch selber Bücher zu speziellen Themen erstellen. Eine Zusammenarbeit mit einer freien Journalistin wird weiter intensiviert und führt hoffentlich bald zum gewünschten Erfolg. Es ist ein Projekt in Planung, aber das bleibt noch unser Geheimnis ;)
Im Bereich der künstlerischen Fotografie werden sich neue Felder auftun, mit denen noch gutes Geld verdient werden kann, denn der Kunstmarkt öffnet sich erst jetzt langsam den Fotografien.
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