"Ich lasse Motive gerne auf mich zukommen" - Fotograf Guido Schiefer
Im BEST OF 2016 zeigen professionelle Fotografen ihr bestes, persönlichstes oder emotionalstes Foto aus dem letzten Jahr.
Mitgemacht hat auch Guido Schiefer.
BF: Hallo Herr Schiefer, Sie haben ein ziemlich rotes Bild ausgewählt!
Guido Schiefer: Ja, definitiv! Entstanden ist es auf dem Stand des deutschen Tapeteninstitutes auf der internationalen Möbelmesse. Ich mag das kreative Chaos auf diesem Bild, die vielen Dinge, die es dort zu entdecken gibt und vor allem die verschiedenen Rottöne. Es erinnert mich stark an ein Wimmelbild, die sich meine Tochter öfter anschaut und auf denen es ständig etwas Neues zu entdecken gibt. Das macht das ausgewählte Bild einfach spannend und anders.
BF: Wenn Sie normalerweise fotografieren, gibt es da etwas, was Ihnen besonders wichtig ist?
Guido Schiefer: Ja, natürlich. Ich versuche immer neue Ansichten zu finden, neue Perspektiven zu entdecken. Natürlich ist mir das Licht auch immer sehr wichtig.
BF: Wie war das hier, haben Sie gleich bemerkt, dass dieses Foto gut werden wird?
Guido Schiefer: Ja, weil ich fasziniert war von diesem roten Chaos. Mir war sofort klar, dass es ein besonderes Foto werden wird. Wenn Bilder Geschichten erzählen ist das toll und maßgeblich. Wenn darüber hinaus das Licht zum eigentlichen Motiv passt, ist das noch besser. Gerade schönes Licht liegt mir immer am Herzen.
BF: Was mögen Sie an Ihrem Beruf?
Guido Schiefer: Als Fotograf habe ich die Möglichkeit, in verschiedene Bereiche zu schnuppern. Ich bekomme dadurch viel Hintergrundwissen. In einer Produktionshalle von einem Autohersteller zu sein, ist beispielsweise sehr spannend, wenn man sieht, wie ein Auto zusammengebaut wird. Bei jedem Auftrag lerne ich neue Menschen und ihr Leben kennen. Das ist einmalig. Ich lerne auch eine Bandbreite von Menschen kennen, vom Vorstandsvorsitzenden eines Konzerns bis zum Fließbandarbeiter. Ich habe mit allen in der Firma Kontakt, lerne etwas über ihr Leben und kann mir einen umfassenderen Eindruck verschaffen. Das ist wahnsinnig spannend. Das bietet wahrscheinlich kaum ein anderer Beruf.
BF: Hat sich Ihre fotografische Motivation im Laufe der Zeit verändert?
Guido Schiefer: Ja, ich komme ursprünglich aus dem journalistischen Bereich. Als ich 17-18 Jahre alt war wollte ich mit meinen Fotos die Welt retten. Ich war in Afghanistan und auch in Kambodscha. Das war damals sehr drastisch. In Kambodscha habe ich Straßenkinder begleitet. Dabei sind eindrucksvolle Bilder entstanden, die zwar veröffentlicht wurden, aber nicht wirklich etwas bewegen konnten.
Anfänglich lagen mir meine Reportagen inhaltlich immer sehr am Herzen. Wenn man dann immer wieder bemerkt, dass die Bilder nichts verändern, verändert sich etwas bei einem selbst. Irgendwann habe ich diese jugendlichen Illusionen aufgegeben. Mit meiner Familie ist dann eine andere, auch finanzielle Verantwortung hinzugekommen.
BF: Warum und wie sind Sie Fotograf geworden?
Guido Schiefer: Das ist eine geradlinige und recht kurze Geschichte. Ich bin nach dem Abitur nach Paris gefahren mit einer Handvoll Schwarz-Weiß-Filme. Vorher hatte ich nie ernsthaft fotografiert. In Paris habe ich mich ausprobiert, ich habe sehr experimentell gearbeitet und etwa Bilder mit Langzeitbelichtungen aus der Hand gemacht. Meine damalige Freundin hatte die Möglichkeit Schwarz-Weiß-Bilder zu vergrößern. Ich kam so zum ersten Mal mit Dunkelkammerarbeit in Berührung und war sofort fasziniert. Für mich war das wie Magie: Man legt das belichtete Fotopapier in den Entwickler und ganz langsam kommt das Bild zum Vorschein. Mich hat das total gepackt.
Ich habe danach zwei Fotokurse bei der Volkshochschule gemacht und habe sofort angefangen sehr intensiv und ernsthaft zu fotografieren. Ich habe mich dann rasch für einen Studienplatz an der Fachhochschule in Dortmund beworben und eine Zusage bekommen.
BF: Wo liegt Ihr Fokus in 2017? Wo wollen Sie hin?
Guido Schiefer: Ich möchte gern wieder mehr freie Arbeiten produzieren, weil ich das auch für meine Auftragsarbeiten inspirierend empfinde. Noch habe ich keine neue Serie angefangen, aber oft scheint es mir auch so, als fänden mich die Themen und nicht umgekehrt.
Ich habe beispielsweise eine Serie von Rhein-Strandgut fotografiert. Das erste Bild entstand, weil ich bei einem Spaziergang am Rhein eine verrostete Dose mitnahm und diese wochenlang im Studio rumlag, bis ich sie dann fotografierte und danach gezielt nach weiteren Objekten gesucht habe.
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