Freier Fotograf Karsten Thormaehlen
„Gute Bilder brauchen inhaltlich eine starke Aussage" - Fotograf Karsten Thormaehlen im Interview
BF: Herr Thormaehlen, was ist für Sie das Tolle am Beruf, warum sind Sie Fotograf geworden?
Karsten Thormaehlen: Als Fotograf steht man meist am Ende eines langen kreativen Entscheidungsprozesses. Ich empfinde es als Wertschätzung mit der verantwortungsvollen Aufgabe betraut zu werden, eine Idee bzw. ein Konzept in ein fotografisches Bild umzusetzen. Ähnlich verhält es sich mit Aufträgen für Magazine, Geschäftsberichte und Fachzeitschriften. Es freut mich sehr, wenn ich einem Auftraggeber das Gefühl vermitteln kann, dass ich seine „Bildsprache" spreche.
BF: Welche fotografische Ausbildung haben Sie und seit wann sind Sie als Fotograf selbstständig? Wie schnell kamen die ersten Aufträge?
Karsten Thormaehlen: Ich habe Kommunikationsdesign an der FH in Wiesbaden (heute: Hochschule RheinMain) studiert und mich auch vorher schon mit Fotografie auseinandergesetzt. Danach habe ich als Artdirector und später als Creative Director neun Jahre in der Werbung gearbeitet, davon fast fünf Jahre in New York. Seit 2003 bin ich selbstständig.
BF: Gibt es einen Bereich in der Fotografie, in dem Sie besonders gerne arbeiten? Was reizt Sie gerade an diesem Bereich und wie kam es dazu?
Karsten Thormaehlen: In den Anfängen habe ich sehr viel im Stillife-Bereich fotografiert, meist für Hochglanz- und Lifestyle-Magazine, und bin später über die Architektur- zur Porträtfotografie gelangt. Mittlerweile arbeite ich am liebsten mit Menschen: Kinder, Familien, Businessportäts, Vorstandsmitglieder, bis hin zu Hochaltrigen. Ich mag den Prozess des Agierens und Reagierens vor und hinter der Kamera.
BF: Welche waren bisher Ihre schönsten Aufträge?
Karsten Thormaehlen: Eigentlich macht mir jeder Auftrag auf`s Neue Spass. Es ist immer wieder anregend, völlig unbefangen an eine Aufgabe heranzugehen, Menschen zu treffen und Bildergebnisse zu liefern, die dem Kunden so gut gefallen, dass er wiederkommt. Natürlich gab es auch Jobs, die mir besonders in Erinnerung bleiben. Meist sind diese mit Reisen zu ungewöhnlichen Orten verbunden. Aber ich freue mich auch immer wieder, wenn ich beispielsweise meine Projekte gedruckt sehe. So wurde eine japanische Supermarktkette über ein amerikanisches Designmagazin auf meine „Jahrhundertmensch"-Serie aufmerksam und ließ von mir Anfang des Jahres eine Kampagne im gleichen Stil schießen. Die Bilder werden im April im höchsten Gebäude Tokyos ausgestellt und im Sommer auf riesigen Billboards in Sapporo zu sehen sein.
BF: Sehen Sie sich als Künstler und die Fotografie als Berufung oder ist das ein ganz normaler Job?Karsten Thormaehlen: Nun, man sollte schon gerne eine Kamera in die Hand nehmen, wenn man den Beruf anstrebt. Insofern ist es schon eher eine Berufung. Allerdings weiss man so etwas nicht mit sechzehn, wenn man sich für eine Ausbildung entscheiden muss. Ob man dann irgendwann einmal als Künstler gehandelt wird, müssen andere entscheiden.
BF: Wie wird man als Fotograf erfolgreich und wie behauptet man sich möglichst lange?Karsten Thormaehlen: Erfolg ist mittlerweile ein relativer Begriff und meist eine Frage des Anspruchs. Ich denke, man ist schon sehr erfolgreich, wenn man ohne Zusatzeinkommen seinen Lebensunterhalt bestreiten kann und auch noch Zeit und Muße für Familie, Urlaub und andere private Dinge erübrigen kann. Doch, um das zu erreichen, muss man meist sehr geduldig, diszipliniert, kommunikativ und fleissig sein. Dennoch gehört auch eine grosse Portion Glück dazu und man muss wissen, dass Erfolg kein Dauerzustand ist.
BF: Was dürfen Kunden von Ihnen erwarten, wenn Sie gebucht werden? Was zeichnet Ihre Fotografie aus?Karsten Thormaehlen: Weniger ist mehr! Das war eines unserer wichtigsten Gestaltungs-Prinzipien während des Designstudiums. Nach diesem Ideal strebe ich heute noch und versuche auch meine Kunden davon zu überzeugen.
BF: Welchen Weg raten Sie jungen Menschen, die heutzutage Fotograf werden wollen?Karsten Thormaehlen: Wenn ich mit heutigem Kenntnisstand zurückblicke, hätte ich mich damals um eine Assistenz bei einem internationalen Topfotografen bemühen und anschliessend ein Fotografie-, vielleicht sogar Kunststudium anstreben sollen.
BF: Was macht ein Bild für Sie zu einem guten Foto?
Karsten Thormaehlen: Ein gutes Foto muss wirken, d. h. formale und inhaltliche Elemente sollten in einem gewissen Spannungsverhältnis stehen, so dass es Fragen aufwirft oder zumindest neugierig macht. Es gibt so viele technisch brillante, mit Bildbearbeitungsprogrammen aufpolierte Fotos, die vor Langeweile in Schönheit sterben. Aber es gibt viel weniger Bilder, bei denen man aufgrund ihrer starken, inhaltlichen Aussage die technischen Fehler gar nicht bemerkt. Das sind für mich die besseren Bilder.