Freie Fotografin Imke Lass
"Ich liebe es, Geschichten zu erzählen" - Fotografin Imke Lass
BF: Was ist für Sie das Tolle am Beruf, warum sind Sie eigentlich Fotografin geworden?
Imke Lass: Für mich gab es eigentlich nie eine Alternative: ich liebe es, visuell Geschichten zu erzählen, bin unglaublich neugierig und lerne durch Erleben und Erfahrung, und ich möchte nie, n-i-e, NIE aufhören zu lernen. Mein Beruf erlaubt mir, Menschen zu treffen, die ich sonst nie kennengelernt hätte, Einblicke in unterschiedliche Kulturen, Berufe, Lebensweisen, Landschaften zu erhalten, und so mein Verständnis von Leben und Erleben zu erweitern. Dabei können die Fotos im Dienst einer Sache stehen, Abläufe illustrieren, Artikel bebildern, das Geschenk ist jedesmal, daß ich dabei sein und das Erlebte visuell umsetzen konnte.
Dieser Prozess: Dasein-Erleben-Umsetzen ist für mich auf eine Art von Meditation, und eine besondere Art und Weise, das Leben zu spüren. Kurz gesagt: mir geht es am besten, wenn ich fotografieren kann.
BF: Welche fotografische Ausbildung haben Sie und seit wann sind Sie als Fotografin selbstständig? Wie schnell kamen die ersten Aufträge?
Imke Lass: Ich habe eine damals 2-jährige Ausbildung beim Lette Verein in Berlin gemacht, und bin 1991 (ziemlich naiv und blauäugig) nach New York ausgewandert. Dort habe ich erstmal 6 Monate lang versucht, freie Assistenzen zu finden, ein recht schwieriges Unterfangen. Irgndwann hatte ich dann genug Arbeit, um davon zu leben, mein eigenes Portfolio zu bauen, und die ersten Job zu bekommen (1993). Assistieren war wichtig, um das handwerlich Erlernte um das Wissen um Geschäftsabläufe zu bereichern, in der Schule hatte uns das damals niemand gelehrt. Und dann ging es weiter: es kamen Reiseaufträge, Reportagejob, Reisen in viele Länder dazu, Umzüge in die Rockies, in die Südstaaten, wieder zurück nach Deutschland … bis jetzt war es ein ziemlich bewegtes Leben.
BF: Gibt es einen Bereich in der Fotografie, in dem Sie besonders gerne arbeiten?
Imke Lass: Reportage in allen Formen und seit Neuestem auch Videografie: ich erzähle wie gesagt wahnsinnig gerne Geschichten, in welchem Format auch immer. Das Arbeiten mit der Videokamera ist für mich eine ganz besondere Bereicherung: die zusätzlichen Ebenen Zeit, Ton und Bewegung eröffnen da nochmal eine ganz neue, im Bestfall authentische Art und Weise, Stimmungen und Zusammenhänge aufzugreifen und umzusetzen. Ein Feld, in das ich in Zukunft noch intensiver eintauchen möchte.
BF: Sehen Sie sich als Künstler und die Fotografie als Berufung oder ist das ein ganz normaler Job?
Imke Lass: Mein Job, das Sehen, Fotografieren und Umsetzen, ist für mich eine innere Notwendigkeit, das heisst, ich kann mir nicht vorstellen, in einem anderen Feld tätig zu sein. Von daher: definitv und absolut eine Berufung! Auf englisch gibt es da einen schönen Spruch: “If you do what you love, you’ll never have to work a day in your life.”, sprich: wenn man das tut, wofür man brennt, muss man nicht einen Tag im Leben arbeiten (weil es sich nicht wie Arbeit anfühlt). Genau so ist das für mich.
BF: Was dürfen Kunden von Ihnen erwarten, wenn Sie gebucht werden? Was zeichnet Ihre Fotografie aus?
Imke Lass: Ich denke, es war für mich schon immer leicht, auf Menschen zuzugehen und für das, was sich von meiner Kamera abspielt, offen zu sein. Durch meine langjährige Erfahrung in der Fotografie, umfangreiche Erlebnisse in unterschiedlichen Kulturen und das unbedingte Bedürfnis, Situationen, Landschaften und Menschen zu verstehen, bin ich sofort “da”, ohne lang herumzufremdeln. Für soziale Themen ist das besonders hilfreich.
Ich arbeite technisch gerne auf kleiner Flamme, also mit nur dem notwendigen Equipment, und konzentriere mich lieber auf Authentizität. Im Reportagebereich ist das die unabdingbare Voraussetzung, und selbst in der Corporate- und Geschäftsfotografie habe ich stets das Bedürfnis, ehrlich zu sein und zu bleiben. Ein oft gehörtes Feedback ist, daß meine Fotos nahbar sind, und man als Betrachter irgendwie “dabei ist”. Für mich ist das das größte Lob, weil das für mich das Zeichen ist, daß ich mit Haut und Haaren in das Thema eingetaucht bin.
Zusätzlich bin ich effizient in der Vorbereitung, habe ein gutes Auge für logistische Notwendigkeiten, und: Besprechungen machen eigentlich immer Spass. :)
BF: Welchen Weg raten Sie jungen Menschen, die heutzutage Fotograf werden wollen?
Imke Lass: Schwer zu sagen in diesem sich rasant veränderndem Berufsfeld. Jeder der oben genannte Wege hat seine eigene Dynamik, und ich denke, auf jedem Weg kann es funktionieren, je nachdem, wie man selbst gelagert ist. Für jemanden, der von der eigenen Veranlagerung her schon eine ausgeprägte Bildsprache und einen Durst nach Erlebnissen hat und sich die Technik selbst aneignen kann (plus vieleicht ein Authoritätsproblem hat :)) ist vielleicht für den Quereinstieg prädestiniert. Jemand, der sich nach handwerklichem Lernen und konkreter Anleitung sehnt, kann durch eine Ausbildung und/oder eine Assistenz weiterkommen. Ein/e künstlerisch veranlagte/r Jungfotograf/in, der/die Teil der zeitgenössischen Strömung der Fotografie sein möchte, ist vielleicht eher mit einem Studium gut bedient. Eine klare Empfehlung habe ich nicht. Leicht wird es eh nicht, daher sollten jungen Menschen auf jeden Fall einen wirklich unerschütterlichen Wunsch, Fotograf/in zu werden, besitzen.
BF: Was macht ein Bild für Sie zu einem gutem Foto?
Imke Lass: Das ist die “million Dollar question”, oder? Jeder hat da eine andere Meinung zu, für mich ist das schwer erklärbar, und in gewissem Masse eine mythische Frage. Für mich pesönlich ist ein Foto dann gut, wenn es emotional erlebbar ist, und ich irgendwie spüre, was der Fotograf gespürt/gedacht/gesehen hat, und durch die Komposition, die Wahl des Moments, eine Geschichte erzählt wird. Für mich hat das viel mit Intuition zu tun, der Suche nach einem Ausdruck von Universalität in dem jeweils Erlebten. Wenn das geklappt hat, kann das Foto beim Betrachter landen.
BF: Vielen Dank!