Freier Fotograf Frank Wiedemeier
"Jeder Fototermin hat seinen ganz eigenen Reiz" - 8 Fragen an Fotograf Frank Wiedemeier
BF: Herr Wiedemeier, Sie sind nach einem Chemie- und Geografiestudium zur Fotografie gekommen. Was ist für Sie das Tolle am Beruf Fotograf?
Frank Wiedemeier: Mich faszinieren Bilder. Ob Magazin, Broschüre, Buch, Website oder Film, ich suche immer nach dem besonderen Bild. Und: Fotografie macht mich zufrieden. Schon als Schüler habe ich unendlich viel Zeit in der Dunkelkammer verbracht, Filme entwickelt und große Mengen an Fotopapier belichtet. Wenn ich dann aus meiner Rotlicht-Kammer zurück ans Tageslicht kam und einen guten Abzug in Händen hielt, dann war ich richtig zufrieden. So geht es mir noch heute. Zwar ist die Dunkelkammer komplett digital, aber wenn ich einen fertigen Ausdruck in Händen halte, stellt sich Zufriedenheit ein.
BF: Welche Ausbildung haben Sie und seit wann sind Sie Als Fotograf selbstständig?
Frank Wiedemeier: Ich bin Autodidakt. Begonnen habe ich mit 14 Jahren in der Foto-AG, mit 17/18 Jahren habe ich als freier Mitarbeiter begonnen und für Zeitungen und Musikmagazine fotografiert und mitunter geschrieben, mit 21 Jahren meine erste Reportage in den USA fotografiert, mit 23 Jahren bei Fotografen assistiert und angefangen für Unternehmen zu arbeiten. Das ist nunmehr eine kleine Ewigkeit von 20 Jahren her. Damit ich nicht im eigenen Saft schwimme, besuche ich Workshops von international renommierten Fotografen und lese nach wie vor viel über Fotografie.
BF: Sie bieten journalistische Fotografie an und nennen sich selber "Portrait photographer". Was hat Sie an dieser Richtung der Fotografie gereizt?
Frank Wiedemeier: Ein gutes Portrait gelingt, wenn Protagonist und Fotograf Nähe zueinander entwickeln. Diese stetig neue Herausforderung reizt. Jeder Mensch ist anders, reagiert anders auf die Kamera, auf den Fotografen, auf das fotografiert werden. Manchen ist es unangenehm, andere hingegen lieben die Kamera. Da ich viel in Unternehmen unterwegs bin, kommt noch der limitierende Faktor Zeit hinzu. Da muss dann alles im Vorfeld eingerichtet sein und auf den Punkt funktionieren. Auch das hat seinen besonderen Reiz, denn oftmals kann ich den Ort des Geschehens nicht vorab in Augenschein nehmen und muss mit allem rechnen. So hat jeder Fototermin seinen ganz eigenen Reiz.
BF: Welcher war Ihr bisher schönster Auftrag und warum?
Frank Wiedemeier: Wenn ich abtauchen und die Welt um mich herum völlig links liegen lassen kann, dann entsteht eine Geschichte wie die aus dem März 2013 über den Berliner Kältebus. Ich war eine Nacht mit zwei Mitarbeitern der Berliner Stadtmission unterwegs. Es war lausig kalt und das Thema Obdachlosigkeit ist nun auch kein einfaches Thema. Menschen, die unter Brücken leben und nur das Nötigste haben, die sind nicht gerade erfreut über den Mann mit der Kamera. Es hat aber dennoch funktioniert. Sicher auch, weil sowohl die Obdachlosen als auch ich respektvoll miteinander umgegangen sind. Wenn Sie einem Menschen die Hand reiche, ihn anlache und ihn aufrichtig ernst nehmen, dann öffnen sich Türen.
BF: Sehen Sie sich als Künstler und die Fotografie als Berufung oder ist das ein ganz normaler Job?
Frank Wiedemeier: Nein, ich bin kein Künstler, aber ich sehe die Fotografie durchaus als Berufung. Natürlich ist der Beruf des Fotografen auch sehr normal. Akquise, Terminabstimmung, Nachtfahrten, Bildentwicklung, Archivierung, Buchführung, Schreibkram, Telefonate und und und. Das alles gehört dazu und macht den Job normal. Das Besondere sind die vielen Begegnungen mit unterschiedlichsten Menschen an unterschiedlichsten Orten.
BF: Wie wird man als Fotograf erfolgreich und wie behauptet man sich möglichst lange?
Frank Wiedemeier: Es gilt, einen eigenen Stil zu entwickeln und eine klare Vorstellung von sich und seiner Arbeit zu haben. Fotografen werden gebucht, wenn der Stil dem Auftraggeber gefällt und er sich sicher ist, dass der Fotograf auf den Punkt produziert. Es gibt in der Regel kein zweites Mal. Das muss sitzen. Inhaltlich, technisch und terminlich. Bei aller Kreativität gehören auch die alten preußischen Tugenden dazu. Klingt wie Analog-Kamera, ist aber auch im digitalen Zeitalter unerlässlich.
BF: Welchen Weg raten Sie jungen Menschen, die heutzutage Fotograf werden wollen?
Frank Wiedemeier: Eine solide handwerkliche Ausbildung schadet nie, ein Studium weitet den Blick, eine Assistenz vertieft und öffnet Türen. Einen Königsweg gibt es nicht. Aber vielleicht wäre diese Reihenfolge gar nicht so schlecht. Unerlässlich ist der weite Blick. Auch kann man viel von Kollegen lernen. Wie hat der das gemacht? Wie hätte ich es gemacht? Als Quereinsteiger ist es schwieriger. Das Lehrgeld hoch. Am Ende zählt aber nur, ob man wirklich gerne professionell fotografiert und die Erlöse das Leben finanzieren. Neben aller Faszination an der Fotografie darf nie die kaufmännische Seite vergessen werden.
BF: Was macht ein Bild für Sie zu einem guten Foto?
Frank Wiedemeier: Wenn der Betrachter das Gefühl von Nähe hat, ist es für mich ein gutes Bild geworden.